Quelle: Unsplash (Markus Spiske)
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The Future Ain’t What It Used to Be
23.09.22
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The Future Ain’t What It Used To Be
23.09.2022

The Future Ain’t What It Used to Be

«Die Zukunft ist nicht mehr das, was sie einmal war», stellte der Baseball-Coach Yogi Berra 1974 fest. Diese Beobachtung ist heute nach wie vor gültig: Seit der Industriellen Revolution ist technologischer Fortschritt sowohl für die Geschäftswelt als auch den öffentlichen Sektor nicht nur treibende Kraft, sondern auch Gefahr.

Fortschritt eröffnet neue Möglichkeiten, die Produktivität zu erhöhen, Produkte und Dienstleistungen (neu) zu erfinden und wichtige Beiträge zum Wohlergehen der Gesellschaft zu leisten. Gleichzeitig bedroht er die Existenz vieler Unternehmen, die nicht mit der Zeit gehen (und damit oft das Offensichtliche leugnen) oder deren Geschäftsmodell schlicht überholt ist.

Als Katalysator für tiefgreifende Veränderung rund um den Globus stellt technologischer Fortschritt Führungskräfte, Politikerinnen und private Verbraucher gleichermassen vor grosse Herausforderungen. Die künftige Tragweite einzelner Technologien einzuordnen ist heute Dreh- und Angelpunkt vieler Management-Meetings. Welche Trends sind ausschlaggebend, welche vernachlässigbar? Wie integriert man diese Trends in Strategie und operatives Tagesgeschäft? Welche Geschäftsmodelle sind weiterhin vielversprechend, welche stehen vor grundlegender Veränderung?

Der Technology Council der bekanntesten Unternehmensberatung McKinsey & Company präsentierte im Spätsommer 2022 die in ihren Augen bedeutendsten Technologietrends. 14 Katalysatoren, unterteilt in die Kategorien Silicon Age und Engineering Tomorrow, wurden im jährlich erscheinenden Bulletin McKinsey Technology Trends Outlook 2022 eruiert. Längst nicht alle dieser Technologien sind gänzlich neu: Viele finden in unterschiedlichen Industrien bereits umfassende Anwendung. Im Zentrum steht vielmehr die Frage, wie Unternehmen und öffentliche Institutionen diese Technologien noch intensiver nutzen werden, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Zusätzlich werden die wunden Punkte und die grössten Hindernisse, die den Technologien zurzeit noch im Wege stehen, dargelegt.

Die Consultants gingen dabei methodisch vor und wandten sowohl qualitative als auch quantitative Forschungsmethoden an. Die Bedeutung dieser Technologietrends wurde vierdimensional bewertet: Innovation (neue Patente und Forschung), Interesse (News und Sucheingaben), Rezeption (Nische oder Mainstream) und Investition (öffentliche und private Kapitalbeschaffung).

Im Folgenden sollen drei dieser Trends, die bereits tangible Einflüsse auf unseren Alltag haben, aber zusätzliches Potential bieten, vorgestellt werden. Zudem soll exemplarisch aufgezeigt werden, welche Industrien und Unternehmen aus diesen Entwicklungen Profit schlagen können.

Applied AI

Artificial Intelligence, kurz AI, bezeichnet automatisiertes intelligentes Verhalten, also künstliche Intelligenz und zählt heute als zukunftsträchtigstes Teilgebiet der Informatik. Artificial Intelligence muss allerdings eher als Sammelbegriff für unterschiedliche mehr oder minder intelligente Informatikanwendungen verstanden werden. Entsprechend gross ist also die Tragweite dieser Technologie für verschiedene Industrien. An erster Stelle steht dabei Machine Learning, welches statistische Vorhersagen basierend auf immensen Datensätzen trifft. Machine Learning-Modelle funktionieren auf der Basis von «Trainingsdaten» mit erkennbaren Gesetzmässigkeiten und Mustererscheinungen, womit eine Verallgemeinerung von konkreten Beispielen möglich ist. Andere Teilbereiche der Artifical Intelligence sind Computer Vision, quasi bildbasiertes Machine Learning, oder Natural-language Processing, Machine Learning-Anwendungen für Text und Sprache. Im vergangenen Jahr wurden global rund USD 165 Milliarden in diese Technologie investiert. Im Bereich führend sind unter anderem Techgiganten Adobe und Google (Alphabet), Chiphersteller Nvidia und AMD und Softwarehersteller Palantir, Salesforce oder c3.ai. Auch Apple ist bestens positioniert, um von der Technologie zu profitieren.

Artificial Intelligence findet bereits heute breite Anwendung in verschieden Industrien und bietet enormes wirtschaftliches Potential: McKinsey schätzt, dass bei etwa jedem vierten Unternehmen fünf Prozent des Betriebsergebnisses auf Artifical Intelligence zurückzuführen ist. So kann die Technologie beispielsweise helfen, Verlustrisiken und Betrugsfälle im Bankensektor besser zu antizipieren, Einkaufsmuster im Detailhandel zu erkennen oder Traktoren autonom Felder bearbeiten zu lassen.

Die Komplexität der Technologie bedarf gut ausgebildeter Arbeitskräfte, welche rar sind und entsprechend hohe Löhne fordern können. Auch Sicherheitsbedenken sind zurzeit noch ein Hemmschuh für viele Unternehmen, verstärkt auf Artifical Intelligence zu setzen. Artifical Intelligence sieht sich zudem immer wieder mit kritischen Fragen zu Ethik und Governance konfrontiert.

Cloud & Edge Computing

Cloud Computing beschreibt das geräteunabhängige Teilen von diversen Computerressourcen als zentral verarbeitete Dienstleistungen, wie Speicher, Datenbasen oder Applikationen. Ausschlaggebend ist dabei, dass diese Dienstleistungen in Fast-Echtzeit angeboten werden. Zunehmend werden diese Dienstleistungen durch dezentrale Datenverarbeitung am Rand des Netzwerks ergänzt, was im Idealfall zu einer Beschleunigung des gesamten Netzwerks führen soll.

«Data is the new oil»: Cloud Computing hilft bereits heute Innovation und Produktivität voranzutreiben. McKinsey schätzt, dass die Technologie allein für die Fortune 500-Unternehmen einen positiven EBITDA-Beitrag von mehr als USD 1’000 Milliarden erbringen kann. Dies wird auf die Beschleunigung von Artifical Intelligence, Risikoreduktionsmechanismen und massive Skalierungen von Rechenleistung im Netzwerk zurückgeführt. Beispielsweise kann Cloud & Edge Computing helfen, das Kundenerlebnis dank personalisierten Angeboten zu verbessern oder im Strassenverkehr durch das Zurverfügungstellen von Daten das autonome Fahren voranzutreiben. 2021 wurden für die Technologie USD 136 Milliarden Kapital aufgewendet. Amazon, Microsoft und Google (Alphabet) zählen aktuell zu den grössten Cloud-Anbietern. Dahinter steckt eine Vielzahl von Zulieferern wie Equinix oder NetApp, welche die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung stellen.

Das Betreiben von Cloud-Plattformen bedarf des ständigen Unterhalts und kostspieligen Ausbaus des Netzwerks. Zudem muss die Infrastruktur konstant erneuert werden, um die Kompatibilität über unterschiedlichste «Randgeräte» sicherzustellen und gleichzeitig kosteneffiziente Geschäftsmodelle zu etablieren.

Future of Mobility

Seitdem die Massenproduktion von Autos in Detroit ihren Anfang nahm, ist mehr als ein Jahrhundert vergangen. Nun steht die Automobilindustrie vor dem nächsten grossen Wendepunkt. Künftig soll der Strassenverkehr überwiegend autonom stattfinden und gleichzeitig umweltfreundlicher gestaltet werden. Ergänzt werden diese Entwicklungen durch neue Arten der Luftmobilität wie zum Beispiel Paketzustellungen mit Drohnen oder «Air Taxis».

Diese technologischen Entwicklungen bieten immense Chancen für neue, innovative Geschäftsmodelle. Ein Wandel hin zu Shared Mobility, also dass sich Fahrzeuge nicht mehr im Privatbesitz befinden, sondern in der Gesellschaft geteilt werden, stellt ein mögliches neues Geschäftsmodell dar. Solche Innovationen werden aber nicht nur den Strassenverkehr selbst massiv beeinflussen, sondern auch Zulieferer und angrenzende Dienstleister wie Energieproduzenten, Stadtplaner und Versicherungen vor neue Herausforderungen stellen. Im vergangenen Jahr wurden USD 236 Milliarden in die «Neue Mobilität» investiert. Tesla, Toyota und BYD sind führend im E-Auto-Bereich, während Intel, CATL und LG wichtige Zulieferer sind. Doch auch kleinere Schweizer Unternehmen wie Bossard oder Autoneum liefern der Industrie wichtige Komponenten.

Die Speicherkapazitäten von Batterien stellen zurzeit wohl die grösste Hürde für Elektrofahrzeuge dar. Die Technologie und die damit verbundene Infrastruktur muss stärker demokratisiert und preislich attraktiver gestaltet werden, wenn Elektrofahrzeuge bald das Strassenbild prägen sollen. Zudem wird die Technologie Regulatoren auf den Plan rufen, um Sicherheits- und Haftungsfragen zu klären.

Fazit

Schnell wird ersichtlich, dass viele dieser Technologien stark ineinandergreifen und sich wechselseitig verstärken. So beschleunigt Cloud & Edge Computing beispielsweise verschiedene Machine Learning-Anwendungen und hilft gleichzeitig, die Vision von autonomem Fahren zu realisieren. Entsprechend schwierig ist es für Manager, diese Technologien isoliert zu analysieren.

Wer sich die Mühe macht, diese komplexen Technologien zumindest im Grundsatz zu verstehen, hat gute Karten, seine Organisation für die Zukunft technologisch zu rüsten und sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Wer sich in falscher Sicherheit wiegt, läuft hingegen Gefahr den Anschluss zu verlieren. Die Vergangenheit lehrt uns anhand prominenter Beispiele wie Kodak, Blockbuster oder Nokia, welch schwerwiegende Auswirkungen technologische Trägheit haben kann.

Doch auch als KMU sieht man sich mit diesen Herausforderungen konfrontiert. So versucht AarauInvest AG nicht nur, sich intern neue Technologie zunutze zu machen, sondern betreibt auch grossen Aufwand, technologisch führende Unternehmen und ihre Lieferketten und Kundenstämme zu identifizieren. Dabei gilt es realistisch und bescheiden zu bleiben: Einige der Trends, die McKinsey im diesjährigen Bericht dargelegt hat, werden in zehn Jahren vermutlich vergessen und durch neue technologische Errungenschaften «ersetzt» sein. Die Zukunft lässt sich kaum mit Sicherheit voraussagen. Oder nach Yogi Berra: «It’s tough to make predictions, especially about the future» – Vorhersagen sind schwierig, besonders in Bezug auf die Zukunft.

Den gesamten McKinsey-Report finden Sie hier.

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