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Newsletter: Mensch oder Maschine?
17.01.18 Giovanni Fedrigoli
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Newsletter Mensch oder Maschine?
17.01.2018

Newsletter: Mensch oder Maschine?

Giovanni Fedrigoli
Partner und Mitglied der Geschäftsleitung, VR-Mitglied
Giovanni Fedrigoli

Ein Kunde fragte uns kürzlich, ob wir auch mit einem Modell arbeiten, mit dem man Aktienmarktrisiken messen und damit zukünftige Börsenkorrekturen voraussagen kann. Ein Modell, das dem Investor rechtzeitig anzeigt, wann er seine Aktienquote deutlich reduzieren soll oder ihm signalisiert, wann er seinen Aktienanteil im Depot deutlich erhöhen soll. Eine interessante Frage, weil die Medien immer wieder über Modelle schreiben, die suggerieren, zukünftige Börsenverläufe zuverlässig prognostizieren zu können. Wir glauben nicht an solche Modelle. Wir lesen und hören auch immer wieder von Fonds- oder Vermögensverwaltungsmandaten, die anhand von automatisierten Modellen verwaltet werden. Diese Systeme würden menschliche oder emotionale Fehlentscheide beim Investieren ausschliessen.

Newsletter, 2018.01.17

Sie entscheiden rational und seien darum dem Menschen überlegen. Mit der Anwendung von modellbasierten technischen Hilfsmitteln erziele man mit relativ wenig eigenem Aufwand gute Renditen, und die Anlagerisiken seien dabei erst noch kleiner. Glauben Sie uns, die Technik kann einiges, aber immer noch viel zu wenig, um für Sie langfristig erfolgreich Geld anzulegen. Erfolgreiches Investieren verlangt lange Erfahrung, viel Arbeit, grosses Know-how und eine gute Nase. Vieles, das nicht durch ein Modell, ein Programm oder eine Maschine ersetzt werden kann. Wir haben in den letzten 30 Jahren nicht einen Aktienfonds, nicht ein Vermögensverwaltungsmandat oder ein Aktien-Anlageprodukt gesehen, das mit einem starren, automatisierten Anlagemodell langfristig bessere Renditen erzielt hat als der Markt (z.B. als der Schweizer Aktienmarktindex SMIC inkl. Dividenden oder der US Börsenindex S&P500). Momentum-Anlagestrategien basieren beispielsweise auf Modellen, die in etwa so funktionieren: Das System meldet dem Investor, welche Aktien oder Börsenindizes sich schlecht entwickeln. Es löst ab bestimmten Kursniveaus Verkaufssignale aus, wie bei Stop Loss Verkaufsaufträgen. Umgekehrt werden für Aktien oder Indizes Kaufaufträge vorgeschlagen, die einen Aufwärtstrend bestätigt haben. Wir sind überzeugt, mit solchen Momentum-Strategien erzielt man langfristig schlechte Renditen. Die Käufe und Verkäufe erfolgen oft zu spät. Es ist sinnlos, einen Kauf- oder Verkaufsentscheid zu fällen, nur weil sich eine Aktie oder ein Markt im Augenblick schlechter oder besser als andere Titel oder Börsen entwickelt. Wir stellen öfters fest, dass Aktien oder Märkte steigen oder fallen, ohne dass sich fundamental bei den Unternehmen etwas geändert hat. Wenn wir der Meinung sind, dass die Unternehmung ähnlich gut ist wie zum Zeitpunkt des Aktienkaufs und wir damals überzeugt waren, dass wir einen fairen Preis für die Aktie bezahlten, wäre es doch irrational und unvernünftig, wenn wir unsere Beteiligung jetzt zu einem tieferen Preis verkaufen würden. Eine Aktie, nur wegen ihres aktuellen schlechten oder guten Kursverlaufs abzustossen oder zu kaufen, ist kein rationaler Anlageentscheid. Denken Sie daran, eine Aktie ist kein Lotterielos, sondern ein Beteiligungsrecht an einer Unternehmung. Solange die Unternehmung in etwa die Geschäftsentwicklung zeigt, die Sie beim Kauf der Aktie erwartet haben und die Aktienbewertung immer noch vernünftig ist, sollten Sie investiert bleiben. Anlagestrategien, die von makroökonomischen Kriterien bestimmt werden, basieren ebenfalls oft auf Modellen. Investoren machen bei Makro Anlagestrategien ihre Anlageentscheide von bereits bekannten Wirtschaftsdaten und von ihren Wirtschaftsprognosen abhängig. Sie verwenden Modelle und Theorien, die mit bereits publizierten volkswirtschaftlichen Daten wie Zinsen, Inflation, Wirtschaftswachstum, Handelsbilanzzahlen, Arbeitslosenzahlen, Lohnkosten etc. arbeiten und deren Zusammenhänge aufzeigen, wie zum Beispiel die Wechselbeziehung zwischen Arbeitslosenraten und Inflation (Phillips-Kurve). Sie untersuchen, welchen Einfluss diese Daten auf Aktien-, Obligationen-, Devisen- oder Rohstoffmärkte hatten. Wir halten von Makro-Anlagestrategien ebenfalls wenig, weil Wirtschaftsprognosen im Nachhinein oft falsch oder sehr ungenau
waren und weil sich die Börsenentwicklung kurz- und mittelfristig nicht voraussagen lässt. Es ist nicht unmöglich, mit beiden Prognosen zweimal richtig zu liegen, aber äusserst schwierig und oft reine Glückssache. Volkswirtschaftliche- und finanzstrategische Modelle beziehen ihre Daten aus historischen Beobachtungen. Ökonomen, Finanzmathematiker und sonstige Gelehrte beurteilen Ereignisse, die bereits stattgefunden haben und verwenden diese, um die Zukunft vorauszusagen. Dabei werden Theorien angewendet, die seit Jahrzehnten bekannt sind, wie z.B. seit 1958 die Phillips-Kurve oder John Maynard Keynes, der 1936 die Makroökonomie gründete. Beobachtungen und Theorien aus einer Welt, die damals ganz anders aussah als heute oder wie sie in Zukunft aussehen wird. Das Verhalten der Menschen ist anders als früher. Die Wirtschaftswelt hat sich durch die Globalisierung und durch die Technologisierung stark verändert. Die Umwelt verändert sich laufend und die meisten Unternehmen passen sich an. Viele Modelle sind relativ statische Konstrukte, die mit dieser Dynamik nicht Schritt halten. Darum werden sie ohne Reformen mit der Zeit weiter an Bedeutung verlieren oder ganz verschwinden. Bei der AarauInvest AG bestimmt nicht ein automatisiertes Modell oder ein Robo Advisor die Anlagestrategie, sondern unser Verstand, der menschliche Stärken und Schwächen hat. Wichtig ist, dass wir unser Wissen und Nichtwissen richtig einschätzen, unsere Kernkompetenzen kennen und diese anwenden: Wir konzentrieren uns bei Aktienanlagen auf das Bewerten von Unternehmen und deren Aktien. Wir überlassen das Wirtschafts- und Börsenraten gerne anderen.

 

M Ä R K T E  U N D  M E I N U N G E N

 

Rückblick 2017

Wir haben ein gutes Börsenjahr hinter uns und die für uns wichtigen Fremdwährungen USD, EUR und GBP zeigten gegen den CHF eine relativ stabile Entwicklung: EUR/CHF +9%, GBP/CHF +5%, USD/CHF -4%. Für die von der AarauInvest AG verwalteten Vermögen sind vor allem die Börsenentwicklungen in der Schweiz, in den USA, in Deutschland und in England wichtig. In diesen Märkten investieren wir hauptsächlich in einzelne Aktien. England war der einzige für uns relevante Markt (FTSE 100 Index), der mit plus 7.6% nur einstellig zugelegt hat. Der jetzt noch ungewisse Ausgang der Brexit Verhandlungen lastete auf den englischen Aktiennotierungen. Der Schweizer Aktienindex SMI wies im abgelaufenen Jahr ein Plus von 14.1% aus. Der deutsche Dax Index avancierte 12.5%. Die amerikanischen Börsen erzielten im Vergleich die grössten Avancen. Der Dow Jones Industrial Index schloss mit einem Jahresplus von 25.7% und der Nasdaq Composite Index mit Plus 28.2%. Mit unserer Stock Picking Strategie ist es uns im abgelaufenen Jahr wiederum gelungen, gute risikoadjustierte Renditen für unsere  Kundenportfolios zu erzielen. Dazu haben vor allem folgende Aktien mit einer positiven Jahresperformance beigetragen. Schweiz: Ems Chemie +26%, Zehnder +25%, SGS +23%, Sonova
+23%, ABB +21%, Givaudan +20%, Swatch +20%, Nestle +14%, Novartis +11%. Europa: Jungheinrich +45%, adidas +11%, Fuchs Petrolub +10%. England: Rolls- Royce +27%, Admiral Group +10%. USA: Shopifiy +136%, Amazon +56%, Mastercard +47%, Apple +46%, Visa +46%, Alphabet (Google) +33%, Nike +24%, Shake Shack +21%. Im letzten Jahr zeigten folgende Aktien schlechte Kursentwicklungen und leisteten einen negativen Performancebeitrag: Under Armour –47%, Chipotle Mexican Grill –22%, Inditex –10%, SwissRe –5% und BMW -2%.

Unsere Aktivitäten 2017

Schweiz: Wir kauften Aktien von Givaudan (im Februar), Vifor Pharma (im September) und verkauften Syngenta (Übernahme im Mai), UBS (im Juni) und einen Small und Mid Cap Fonds Schweiz (im November). Europa: Kauf von Duerr Aktien (im Juni). USA: Kauf Shopify Aktien (im März, für risikofreudige Investoren), Chipotle Mexican Grill (im April), The Cheesecake Factory und Shake Shack (beide im September). Verkauf Harley-Davidson (im Februar), Walt Disney (im August).

Aktuelle Anlagepolitik

Wir hatten letztes Jahr die Aktienquoten nur marginal verändert. Starke Avancen in einzelnen Titeln nutzten wir zu einem Rebalancing (Reduktion der Gewichtung einzelner  Aktienpositionen). Wir kauften letztes Jahr vor allem Aktien, nachdem sie deutlich korrigiert hatten. Wir investieren grundsätzlich in keine Aktien, ohne die Unternehmen vorher gründlich zu analysieren. Die Höhe der Aktien- und Cashquoten werden wir auch im laufenden Jahr von den Bewertungen der einzelnen Aktien, der Anlageklassen und von den Anlagealternativen
abhängig machen. Cashreserven machen im jetzigen extremen Tiefzinsumfeld und bei den hohen Bewertungen der Obligationen weiterhin Sinn. In diesem Zinsumfeld bleiben wir in global ausgerichteten Obligationenfonds, die von sehr erfahrenen Managern aktiv verwaltet werden und die sich nicht nach einem Benchmark ausrichten müssen (unconstrained) investiert. Unsere Obligationenfonds erzielten letztes Jahr eine positive Performance von plus 3% bis 6%. In einem relativen Vergleich sind die Bewertungen der Aktienmärkte immer noch attraktiver als die Obligationenmärkte. Als Beispiel, der 10-jährige Treasury weist eine Rendite von 2.55% aus und die aktuelle durchschnittliche Gewinnrendite der S&P500 Aktien liegt bei 4.55% (P/E2017 von 22x) und geschätzte 5.20% (P/E2018E von 19.25x). Im neuen Jahr sind Aktien wiederum unsere bevorzugte Anlageklasse.

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