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LIBOR adieu – was wird aus meiner Hypothek?
10.04.19 Stephan Schurter
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LIBOR adieu – was wird aus meiner Hypothek?
10.04.2019

LIBOR adieu – was wird aus meiner Hypothek?

Stephan Schurter
Partner und Geschäftsleiter, VR-Präsident
Stephan Schurter

LIBOR steht für London Interbank Offered Rate. Seit den 1980er Jahren sind die Libor-Sätze allgemein anerkannte Referenzzinsen, zu denen eine ausgewählte Gruppe von Banken, sogenannte Panel-Banken, einander unbesicherte kurzfristige Kredite gewähren oder bereit sind zu gewähren.

Jeden Tag um 11.00 Uhr Londoner Zeit melden die Panel-Banken der Nachrichtenagentur Thomson Reuters die Zinssätze, zu denen sie glauben, auf dem Interbankenmarkt einen Blankokredit zu bekommen. Von den gemeldeten Werten werden jeweils die 25% höchsten und 25% niedrigsten Werte gestrichen und aus den „mittleren“ 50% ein Durchschnittszinssatz berechnet. Er wird für verschiedene Laufzeiten (1-12 Monate) sowie für diverse Währungen ermittelt. Der Libor gilt als der bedeutendste Referenzzins an den Finanzmärkten. Er dient als Basiszins für eine grosse Anzahl von Finanzprodukten wie Futures, Optionen oder Geldmarktfonds, welche an den Libor gekoppelt sind. Vielen professionellen Fondsmanagern dient der Libor als Benchmark (Referenzwert) für ihre verwalteten Obligationenvermögen. Ebenso wird der Libor für die Festlegung von Konditionen für Sparkonten, Kredite und Hypotheken herangezogen.

Schweizer Privatpersonen kennen den Libor vor allem im Zusammenhang mit Libor- oder Geldmarkthypotheken. Im Unterschied zu längerfristigen Festhypotheken verfügen Libor Hypotheken über einen variablen Zinssatz. Dieser orientiert sich am 3- und 6-Monats-Libor. Das bedeutet, dass die Zinssätze alle 3 respektive 6 Monate neu fixiert werden. Aufgrund des gegenwärtigen Zinsvorteils gegenüber Festhypotheken sind Libor Hypotheken mit einem geschätzten Marktanteil zwischen 10 und 15 Prozent immer noch recht beliebt. Dennoch soll der Libor gemäss der britischen Finanzmarktaufsicht FCA bis Ende 2021 abgeschafft werden. Die FCA dürfte vermutlich die Panel-Banken nicht mehr auffordern, Zinssätze zu melden, die zur täglichen Festlegung des Libor herangezogen werden. Hintergrund dieser Entwicklung ist die seit der globalen Finanzkrise rückläufige Nachfrage nach Interbanken-Krediten. Vor allem aber sorgten diverse Skandale rund um den Libor für Aufsehen. Skrupellose Händler diverser Banken manipulierten deren angebotenen Zinssätze, um sich betrügerische Vorteile zu verschaffen. Die überführten Banken wurden folglich mit Bussen in Millionenhöhe bestraft.

Wird der oft erwähnte „Saron“ der neue Libor? Noch ist nicht entschieden, ob der Schweizer Einlagensatz Saron (Swiss Average Rate Overnight) der SIX Group den Libor als Referenz für Schweizer Geldmarktzinsen ersetzen wird. Der Saron scheint als Referenzzinssatz auf jeden Fall geeigneter zu sein, da er auf effektiven Transaktionen basiert und nicht wie der Libor Konditionen reflektiert, zu denen sich Banken Geld ausleihen können oder könnten (fiktiv). Heimische Banken halten sich derzeit noch bedeckt, ob sie den von der Schweizerischen Nationalbank empfohlenen Saron als neuen Referenzsatz für Geldmarkt Hypotheken anwenden wollen. Eine Verpflichtung seitens der SNB besteht jedenfalls nicht. Denkbar wäre auch, dass inländische Banken unterschiedliche Referenzsätze anwenden werden. Bankenvertreter betonen, dass sie weiterhin vergleichbare Alternativen zu Libor Hypotheken anbieten werden.

Empfehlung: Kreditnehmer mit Geldmarkt Hypotheken sollten sich bei der finanzierenden Bank rechtzeitig erkundigen, in wie fern Bestimmungen von Kreditverträgen mit der Umstellung auf einen neuen Referenzzins angepasst werden (Höhe der Marge, Laufzeiten von Rahmenkrediten, Kosten für die Umwandlung in Festhypotheken, etc.).

AarauInvest AG, 10.04.2019

(“LIBOR”: Ausschnitt aus dem AarauInvest Newsletter, den Sie unter Newsletter finden)

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